Nach dem Comeback mit "My People" nun die "World Tour", auch wenn diese - zumindest plattenmäßig - bloß in Deutschland (Trier, Berlin) stattfand. Doch der Großwesir der elektrischen Tastenberge überrascht gleich in dreierlei Hinsicht. Einerseits, weil der auf zwei CDs zusammengefaßte Live-Event durchaus Vergleichen mit dem epochalen Weather-Report-Kultalbum "8:30" standhält. Zum zweiten, weil Herr Josef aus Wien seine treuen Anhänger nicht nur mit bekannten Stücken im verwaschenen Bühnensound langweilt, sondern hauptsächlich neues, bislang unveröffentlichtes Material serviert. Zwei Zuckerl sind auch darunter: "When There Was Royalty", das erste unbegleitete Pianostück Zawinuls seit Cannonball Adderley, sowie ein Erich-Fried-Gedicht mit Kirchengeläut, gelesen von Burgschauspieler Frank Hoffmann! Und schlußendlich, weil "World Tour" einfach richtig kernig drauflosgroovt und einen unwiderstehlichen Dauerrhythmus besitzt. Schien das "Zawinul Syndicate" 1996 bei seiner Premiere für ESC Records (früher Escapade Music) noch heftig auf der Suche nach innerem Gleichgewicht, so verpaßte ihm vor allem der großartige Victor Bailey am Baß mittlerweile einen vor Vitalität schier berstenden Puls. Kaum zu glauben, aber wahr: Trotz aller technischen Ingredienzien klingt jedes Arrangement warm, spannend und abwechslungsreich. Dank eines Joe Zawinul im sechsten Frühling seiner unvergleichlichen Karriere.