"Hallelujah! Endlich ist die Achte fertig", schrieb Anton Bruckner im September 1887 an den Dirigenten und seinen "künstlerischen Vater" Hermann Levi. Doch seine Freude wurde schnell getrübt, mehr noch: Nach der enttäuschten Reaktion Levis - die Achte sei zu "komplex" und er lehne es ab, das Werk zu dirigieren -- verfiel Bruckner in tiefe Depression. Drei Jahre dauerte es, bis sich der Komponist wieder gefangen hatte und was machte er? Eine zweite Fassung, vollendet 1890, zwei Jahre später mit großem Erfolg von den Wiener Philharmonikern unter Hans Richter im Wiener Musikverein uraufgeführt.

 

Nikolaus Harnoncourt, der mit dem Livemitschnitt der 8. Sinfonie seine erste Bruckner-Einspielung mit den Berliner Philharmonikern vorlegt, entschied sich für die selten gespielte zweite Werkfassung. Besonnen, mit eher langsamen Tempi zeichnet er die komplexe Architektur dieses Koloss-Stückes, das dem Kaiser Franz Joseph I. gewidmet ist, nach. Kompositorische Höhepunkte liegen im Adagio und in Bruckners längstem Sinfoniesatz, dem 25-minütigen Finale. Bei aller Monumentalität behält Harnoncourt einen klaren Blick für das Wesentliche, verbindet die durch Pausen getrennten Themenblöcke und Choral-Einschübe organisch zu einem großen sinfonischen Ganzen. Die Berliner Philharmoniker bestechen durch intensive Leuchtkraft der Bläser und einen wunderbar transparenten Gesamtklang.