Aufnahmeort: Vossa Jazz Festival (live)

Wenn es Nacht wird, dann geht Misha Alperin ein Licht auf. Nichts Grelles. Eher ein tastender, durchdringender Schein, der die Realität hinter der Rolle des Musikers, des Menschen Alperin mit Röntgenaugen durchleuchtet. Weil der ukrainische Pianist nachts alle Masken fallen sieht, gerät sein karg instrumentierter, aber atmosphärisch ungeheuer dichter CD-Neuling vom 98er-VossaJazz-Festival - mit der Münchner Cellistin Anja Lechner und dem norwegischen Perkussionisten H. K. Kjos Sørensen - zu einem magischen Führer durch die Dunkelheit. Ohne große Gesten, Getöse und Elektronik lässt Alperin einfach nur Töne herabtropfen, sucht mehr nach Zwischenräumen und Pausen als den passenden Notenkombinationen. Das tastende Trio, bei dem es keine instrumentalen Glanzleistungen zu bejubeln, sondern das blinde Verständnis zu bestaunen gibt, schweigt oft sekundenlang. Gerade in solchen Augenblicken glaubt man, die Musik fast körperlich zu spüren: den Regen auf der Haut, den Wind in den Haaren, den Duft von Gras, Rauch oder Abwassern in der Nase. Ein Nachtflug durch eine Welt voller Gefühle und Überraschungen.