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In einem kargen Großmarkt irgendwo im Osten entdeckt die Tragikomödie "In den Gängen" soziale Wärme. Franz Rogowski und Sandra Hüller bezaubern als Traumpaar der Warensortierer.
Christian ist neu im Großmarkt. Schweigend taucht er in das unbekannte Universum ein: die langen Gänge, die ewige Ordnung der Warenlager, die surreale Mechanik der Gabelstapler. Bruno, der Kollege aus der Getränkeabteilung, nimmt sich seiner an, zeigt ihm Tricks und Kniffe, wird ein väterlicher Freund. Und dann ist da noch Marion von den Süßwaren, die ihre kleinen Scherze mit Christian treibt. Als er sich in sie verliebt, fiebert der ganze Großmarkt mit. Doch Marion ist verheiratet ¿ aber nicht sehr glücklich, wie es heißt.
Nur vier Wochen vor den Dreharbeiten zu Christian Petzolds ¿Transit¿ stand Franz Rogowski in Leipzig, Bitterfeld und Wittenberg vor der Kamera, und auch den Film ¿In den Gängen¿ prägt er mit seinem zurückgenommenen (Körper-)Spiel sowie seinem feinen Gespür für die Balance filmischer Kräfte. Auch ¿In den Gängen¿ basiert auf einer literarischen Vorlage, auf einer Kurzgeschichte von Clemens Meyer, und auch hier gibt es elegant eingesetzte Musik, die die Arbeitswirklichkeit in einem Großmarkt auf wundersame ¿höhere¿ Ebenen hebt. Wenn der Tag beginnt und das kalte Neonlicht der Hallen, Regale und Tiefkühltruhen aufflackert, erklingt leise ¿An der schönen blauen Donau¿ von Johann Strauß, und die durch die Gänge gleitenden, Walzer tanzenden Gabelstapler weisen mit subtilem Zauber weit über die profanen Alltagsdinge hinaus.
"Und so lässt sich 'In den Gängen' auch als außergewöhnlicher Ost-Film sehen: Die Mauern der DDR sind gefallen, nun suchen die Großmarktmitarbeiter hinter den Mauern, zwischen den Gängen Schutz vor der Außenwelt - und finden ihn. Inmitten des Konsumtempels herrschen Menschlichkeit und Kameradschaft. Dabei sind es nicht so sehr die Worte, mit denen der Leipziger Stuber von dieser wundersamen Gemeinschaft erzählt, sondern die meisterhaft komponierten Bilder. (...)
Ähnlich spannungsreich ist die Zärtlichkeit, die in der nüchternen Halle herrscht, die Kameradschaft in dem miefigen Frühstücksraum. Und die immer gleiche Einstellung von Chris, wie er zum Dienstbeginn seinen Kittel anzieht, den Kragen zurechtrückt, die Ärmel über die Tattoos an seinen Unterarmen zieht. Routine, die einengt und gleichzeitig Halt gibt. 'In den Gängen' ist ein ruhiger, lakonischer Film, der trauriger endet, als man es bei seinem verschmitzten Anfang vermutet hätte. Der es aber trotzdem schafft, aus einem unwirtlichen Ort einen Raum für Träume zu machen. (Britta Schmeis, auf: SPIEGEL kultur)