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"Wie lange reicht der Sauerstoff an Bord noch?", fragt eine staatliche Nachrichtensprecherin besorgt den Sprecher der russischen Flotte. Der hält eine Ikone in die Kamera und bittet die Zuschauer*innen, für die Besatzung zu beten.
Häppchenweise erfuhr die russische Bevölkerung im August 2000, dass sich an Bord eines Atom-U-Boots die Explosion eines geladenen Torpedos ereignet hatte. Kurz vor Murmansk sank die schwer beschädigte ¿Kursk¿ mit 118 Mann Besatzung auf den Meeresboden der Barentssee. 23 Männer hatten sich in einen sicheren Abschnitt des U-Boots retten können - ¿Kursk¿ rekonstruiert ihre Geschichte.
Unter den Überlebenden befindet sich auch Kapitänleutnant Mikhail Averin (Matthias Schoenaerts). Verzweifelt fordert dessen Ehefrau Tanya (Léa Seydoux) adäquate Rettunsmaßnahmen und Informationen. Aus Prestige-Gründen und Angst vor Spionage verweigert die russische Regierung zunächst nicht nur die Wahrheit, sondern jede internationale Hilfe. Selbst als der britische Commodore David Russell (Colin Firth) seine Unterstützung bei der Bergung anbietet, bleiben die Russen stur. Doch die Zeit für die Überlebenden läuft...
Für die Welt galt dieses bislang schlimmste Unglück der Kriegsmarine im neuen Russland auch als Bewährungsprobe Putins, der kurz zuvor vom Geheimdienstchef zum Ministerpräsidenten und schließlich zum Präsidenten aufgestiegen war. In seiner Rede vor den Angehörigen der Vermissten umriss er zum ersten Mal seine Vision eines autoritären Staates in imperialer Tradition, wie ein Tonband-Leak publik machte. Monatelang behauptete das russische Militär, dass die Kursk durch ein US-amerikanisches U-Boot gerammt worden sei und es so zu dem Unglück kam.
Das beklemmende Drama des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg (¿Das Fest¿, ¿Rausch¿) zeichnet nicht nur den Kampf und die wachsende Verzweiflung der Eingeschlossenen nach. Zugleich thematisiert es die Verkrustungen der politischen Systeme, die Unmenschlichkeit der Generäle und die Auswirkungen, die das Unglück auf die Angehörigen der Toten hatte.
Die ums Überleben kämpfende Besatzung und die ums Renommee besorgte Militär-Entourage an Land wird von namhaften deutschen Schauspielern verkörpert, darunter August Diehl, Matthias Schweighöfer, Martin Brambach und Peter Simonischek.
Eine Tatsache erschüttert besonders: Anders als im Film aus dramaturgischen Gründen dargestellt, lag das U-Boot keineswegs in derart großer Tiefe, dass die Batterieladung des russischen Tauchboots für die Anfahrt kaum ausreicht und einen Rettungseinsatz unmöglich macht. Tatsächlich ist die Meerestiefe an der Stelle, an der die ¿Kursk¿ sank, sogar geringer als die Länge des U-Boots. Es war relativ einfach zu erreichen.
¿Es gibt Ereignisse, die zu schrecklich sind, um als gewöhnliche Unfälle behandelt, und zu bedeutend, um bloß auf der langen Liste technischer Katastrophen verzeichnet zu werden. In ihnen zeigt sich die Signatur eines Zeitalters und zugleich ein ewiges Muster menschlichen Versagens. [¿] Der russische Staatschef, der für die Abwicklung des 'Kursk'-Desasters verantwortlich war, hieß Wladimir Putin. Er leitete die skandalöse Pressekonferenz, bei der die Mutter eines der Matrosen mit einer Spritze ruhiggestellt wurde, und sorgte für die Vertuschung der Unglücksursache.
Vinterbergs Drehbuchautor Robert Rodat hat Putin aus seinem Skript herausgeschrieben und durch einen fiktiven Admiral Petrenko ersetzt, und Vinterberg gab die Rolle Max von Sydow. Damit bekommt die Menschenverachtung das Gesicht des Kalten Krieges. Das ist kein Anachronismus, sondern die nackte Wahrheit, und der Blickwechsel zwischen dem achtjährigen Artemiy Spiridonov, der Averins Sohn spielt, und dem 90-jährigen von Sydow bei der Gedenkfeier für die Opfer der 'Kursk' gehört zu den Kinomomenten, denen man auch bei größter Abgebrühtheit nicht entgeht. [¿]
Tröstlich ist nicht der Ausgang der Geschichte, sondern der Blick des Kindes. In ihm liegt das Versprechen, dass das, was hier geschehen ist, nie wieder passiert.¿ (Andreas Kilb, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung)