Jazz und Lyrik - ein beileibe nicht ungeschriebenes Kapitel. So hatte sich der unlängst verstorbene Sprecher Gerd Westphal mit Unterstützung einer veritablen Jazzcombo am Werk von Heinrich Heine versucht, ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die gelungene Rilke-Bearbeitung durch die englischen Folkkünstler Anne Clark und Martyn Bates. Nun hat sich die Berliner Pianistin Julia Hülsmann mit der norwegischen Sängerin Rebekka Bakken zu einem Projekt zusammengetan, das den amerikanischen Dichter Edward Estlin Cummings im Kontext einer Jazzinterpretation in seiner ganzen Ausdrucksvielfalt abbildet.

Behutsam gehen sie dabei vor: Sowohl Bakken als auch Hülsmann heben nie den Respekt vor dem geschriebenen Wort auf, das ihnen als Grundlage ihrer elegischen Exkurse auf dem Feld der Lyrik dient. Schon allein die Titel sind reine Poesie - "The Wind Is A Lady", "Love Is More Thicker Than Forget" oder "Maggy And Milly And Molly And May". Stets aufs Neue gelingt es Bakken und dem sie begleitenden Piano-Trio, sich dem Rhythmus der Versmelodie anzupassen. Das kann - welche Überraschung - mitunter, wie in "Tic Toc", in einen Rap-ähnlichen Duktus münden. Ansonsten jedoch dominiert ein beinahe meditativer Grundton, der die gesamte Produktion zu prägen scheint. Selbst die beiden Fremdkompositionen, Stings "A Thousand Years" und Randy Newmans "Same Girl", betten sich ohne Stilbrüche darin ein. Wenn dieses Ensemble live ähnlich zu überzeugen vermag wie im Studio, dann darf man sich schon jetzt auf ein Konzert freuen. Auch rein optisch dürfte dies - nimmt man die Fotografie im Innencover zum Maßstab - ein ungetrübtes Vergnügen sein.