Noch ein herausragendes Album des Country-Veteranen, der hiermit sein unglaubliches Comeback fortsetzt und dessen Singer/Songwriter-Kunst Kritiker und Publikum nochmals (und hoffentlich nicht zum letzten Mal) begeistern.

 

Die Frage sei gestattet: Wer hatte nach der Veröffentlichung der spektakulären "American Recordings"-Trilogie noch den "Man in Black" auf seiner Rechnung? "I See A Darkness", "I'm Leaving Now" und vor allem "Wayfaring Stranger" auf "American III: Solitary Man" klangen wie letzte Einlassungen eines Mannes, der zu spüren schien, dass zumindest die Tage als Interpret gezählt sind. Mehrere Hospitalaufenthalte und die Gerüchte um eine rätselhafte Nervenerkrankung taten ein Übriges zur vorzeitigen Legendenbildung.

Doch wohl zur Überraschung aller hat es Produzent Rick Rubin noch einmal geschafft, Johnny Cash vor die Aufnahme-Mikrophone zu bringen. Und was vielleicht noch erstaunlicher ist: "The Man Comes Around" steht den drei vorhergehenden Alben in nichts nach. Erneut gelang es Rubin, die Baritonstimme und die Geschichten des Country Outlaws in den Vordergrund zu stellen, getragen von wirkungsvoll einfachen Akustikgitarren und leisen, unspektakulären Arrangements. Bewährt hatte sich in der Vergangenheit eine Setliste aus Eigenkompositionen, Traditionals und fremdem Material in neuem Gewand, eine Erfolgsformel, die auch hier wieder greift. Wüsste man es nicht besser, könnte man den Beatles-Klassiker "In My Life" für eine Eigenkomposition von Cash halten. Und in der sinistren Industrial-Hymne "Personal Jesus" von Depeche Mode scheint Cash die Dämonen in seinem eigenen Leben wiederzuerkennen. Wie weit Cashs Einfluss auf jüngere Singer/Songwriter reicht, zeigt sich in einem überaus ergreifenden Duett mit der fabelhaften Fiona Apple in "Bridge Over Troubled Water".