Beschreibung ein-/ausblenden
"Tabula rasa", wörtlich als offene, neu zu beschreibende Fläche genommen, kennzeichnet geradezu programmatisch ECM New Series. Mit diesem Titel, noch als LP, startete 1984 das neue Programm, das tatsächlich neue, jedes dogmatische Schubladendenken ignorierende Maßstäbe setzte.
Denn der 1935 geborene estnische Komponist Arvo Pärt war damals im Westen bestenfalls ein Geheimtip, zu verdanken dem zwölf Jahre jüngeren, aus Lettland kommenden deutschstämmigen Geiger Gidon Kremer. Als Manfred Eicher damals Musik von Pärt im Rundfunk hörte, gehörten Kremer und der bei ECM schon heimische Keith Jarrett sogleich zu seinen Wunsch-Interpreten für diese ungewöhnliche Musik.
Vom lateinischen tintinnabulum (= Glöckchen, Schelle) abgeleitet, gründet Pärts ganz persönlicher Stil auf Diskanttönen und reinen Akkorden. Später nannte er das, sich einem Einsiedler vergleichend, "Flucht in die freiwillige Armut" - "das ganze Arsenal zurücklassen und sich durch die nackte Einstimmigkeit retten, bei sich nur das Notwendigste habend - einzig und allein den Dreiklang". Das sind die Bausteine zu leuchtenden Klangballungen, in sich verschlungenen melodischen Linien, gebrochenen und geschichteten Akkorden.
Die trinitarische Symbolik des Dreiklangs, Titel wie "Fratres" und zahlreiche geistliche Kompositionen deuten auf Arvo Pärts Frömmigkeit hin. In ihr lebt die mystische Erfahrung von Leiden und Erlösung östlichen Christentums. Sie erfüllt auch Werke wie "Tabula rasa".