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Das Zimmer liegt im Halbdunkel. Die Rollladen an den Fenstern sind bis auf winzige Sehschlitze heruntergelassen. Das adrette Einfamilienhaus verschließt sich vor der Nachbarschaft. Die Geschwister Johanna (Elisa Essig) und Moni (Antonia T. Pankow) sind wie erstarrt und wagen sich nicht zu rühren. Die Mutter (Ursina Lardi) liegt neben ihnen auf dem Bett. Sie ist das inkonsequente Opfer, während die älteste Tochter Claudia (Karoline Herfurth), längst ausgezogen, ab und zu auftaucht, um den Vater kämpferisch zu konfrontieren.
Alles sollte anders, schöner werden. Vor kurzem erst ist der gewalttätige Vater Robert (Peter Lohmeyer) von einer Therapie nach Hause zurückgekehrt. Die Familie scheint wieder vereint und intakt. Aber nichts hat sich geändert. Der Vater kann seine Aggression gegen die Mutter nicht unterdrücken. Er hat sich selbst nicht in der Gewalt.
Jede der drei Töchter sucht ihren eigen Ausweg in der Bedrohung: Moni, die jüngste, verschließt die Augen und begegnet der Situation mit Zorn, die älteste Schwester - längst ausgezogen - kehrt immer wieder zurück um zu provozieren und anzuklagen. Johanna, die 13-jährige, schweigt, verheimlicht, lügt. Alle wahren nach außen den Schein, aus Scham und aus Angst davor, die Familie zu zerstören.
Da wird die Fassade aus Verheimlichung und Wegschauen unerwartet erschüttert: Johanna ist das erste Mal verliebt. In Christian (Ansgar Göbel), den Sohn ihres Sportlehrers. Das Mädchen steht nun zwischen den Fronten. Sie will die Familie retten, die Mutter und die kleine Schwester beschützen, aber sie möchte auch ihre erste Liebe erfahren dürfen. Zerrissen zwischen dem strengen Pflichtgefühl, ihrer Loyalität gegenüber der Familie und dem langsam wachsendem Vertrauen zu ihrer Jugendliebe, muss Johanna sich entscheiden. Und handeln.
"Liimatainen gelingt es, Nähe zu den Figuren zu erzeugen, ohne den Respekt vor ihnen zu verlieren. Ihre Dramaturgie dient nicht dazu, den Zuschauer durch anhaltende Spannung mitzureißen, sondern ihm die Realität der Figuren vor Augen zu führen, ohne in den Elendsvoyeurismus abzugleiten. Die Übergriffe des Vaters spielen sich stets im Verborgenen ab. Worum es Liimatainen geht, ist nicht die Aktion des Vaters, sondern die Auswirkungen seines Handelns auf das Leben der Frauen: die eingeschüchterten Kinder, die bis zur Apathie in Depression verfallene Mutter und die sich fortsetzende Gewaltspirale, der sich selbst die kleine Moni nicht entziehen kann. Robert ist dabei jedoch nicht die diabolische Ursache allen Übels. Das Drehbuch von Nicole Armbruster deutet seinen eigenen elterlichen Konflikt an, der seiner Figur über die Rolle des Aggressors hinaus auch einen glaubwürdigen Charakter zugesteht." (www.tittelbach.tv)
"Die finnischstämmige HFF-Babelsberg-Absolventin Kirsi Liimatainen erzählt mit großer Dichte, so lakonisch wie einfühlsam. Spannend ist die Schwebe zwischen regionaler Verortung der Handlung und ihrer Abstraktion: Im hessischen Heppenheim gedreht, evoziert der Film mit Kleinstadtstraßen und Weinbergen das stimmige Bild eines konkreten Ortes. Zugleich ist insbesondere das kleinbürgerliche Heim der Familie von einer fast unheimlichen Anonymität und Austauschbarkeit. (...) Hoffnungslos ist der Film gleichwohl nicht. Ohne sich dem falschen Trost des Sentiments hinzugeben, zeigt er auch die Bruchstellen in den Festungsmauern." (Patrick Seyboth, auf: epd Film)